Die Therapiemethoden für die Dysphagietherapie kann man grob in zwei Kategorien einteilen. Auf der einen Seite solche Methoden, die das Schlucken durch direktes Schlucktraining verbessern sollen und auf der anderen Seite in solche, die an den Basisfunktionen ansetzen und indirekt einen Effekt haben.

Ganz unabhängig davon, in welcher Schluckphase der Schwerpunkt der Störung liegt, ist diese Einteilung sinnvoll – als Ergänzung zu der Einteilung nach restituierenden, kompensatorischen und adaptiven Maßnahmen in der Dysphagietherapie.

Langmore und Pisegna haben sich in einer kürzlich veröffentlichten Studie[1] der Betrachtung der Evidenz der einzelnen Übungen der beiden Kategorien angenommen.

Die Übungskategorien

Langmore und Pisegna haben in einer Übersicht die bekannten Übungen in zwei Kategorien eingeteilt: Schluckübungen und Übungen ohne direktes Schlucken.


Übungen mit direktem Schlucken

Übungen ohne direktes Schlucken

  • Shaker
  • Zungenkräftigung
  • Lee Silverman Voice Treatment (LSVT)
  • Expiratory Muscle Strengh Training (EMST)

Zu jeder Übung haben die beiden Studien und Untersuchungen gesammelt und übersichtlich sortiert. Ziel war es, die Evidenz der einzelnen Therapiemethoden zu bewerten.

Studienlage und Evidenz

1. Für die Übungen, deren Inhalte das Schlucken direkt waren sieht die Studienlage schlecht aus. Nur für das Mendelsohn-Manöver gibt es eine ausreichende Evidenz. Eine Studie von Clark und Sheldon (2014)[2] belegt zwar, dass der intraorale Druck sich beim kraftvollen Schlucken erhöht, aber die Studienteilnehmer waren alle schluckgesund.

Zum supraglottischen Schlucken gibt es gar keine verwertbaren Studien und auch beim Masako-Manöver gab es keine Studien, die eine Evidenz der Methode belegen könnten.

Das Traningsprotokoll nach McNeil wurde zwar überprüft, aber an einer zu kleinen Gruppe und ohne eine wirkliche Evidenz, postulieren Langmore und Pisegna.

2. Bei den Übungen, die nicht direkt das Schlucken zum Inhalt hatten, ist die Studienlage besser. Die Übungen nach Shaker sind in mehreren Studien[3, 4, 5] als wirksam belegt. Einwenden muss man nur, das zwei davon von Shaker selbst geführt wurden. Eine Studie zur Zungenkräftigung konnte keine Evidenz nachweisen, für Patienten mit Halstumoren sogar eine negative.

Das gerade bei Parkinson-Patienten beliebte LSVT wurde in keinen verwertbaren Studien untersucht, seine Evidenz ist weiterhin fraglich.

Bei der EMST gibt es eine Studie[6], die die Evidenz der Übungen belegt, für Patienten mit Parkinson.

Fazit

Bei dieser Studienlage sind die Ergebnisse aus therapeutischer Sicht nicht befriedigend. Natürlich bedeutet dies nicht, dass die untersuchten Therapiemethoden unwirksam sind. Es heißt aber, dass wir alle in unserer täglichen Arbeit mit Dysphagiepatienten Konzepte und Übungen einsetzen, von denen wir glauben, dass sie funktionieren. Aber für eine Berufsgruppe die sich anstrengt, ernst genommen zu werden, ist das zu wenig. Es bedarf einer intensivierten Forschung und neuer Studien, die zu den Therapieinhalten den Nachweis einer Evidenz liefern.

Das sagen Logemann und Pisegna in ihrer vergleichenden Studie auch.

Außerdem muss man überspitzt sagen, dass auf Basis der Studienlage die Aussage „Schlucken lernt man durch schlucken!“ nur bedingt aufrecht erhalten werden kann. Sicher, aus therapeutischer Erfahrung gibt es keinen Grund, daran zu zweifeln. Übungen, die nicht direkt das Schlucken üben, sind aber offensichtlich zu einem erheblichen Anteil wichtiges Element der Dysphagietherapie.


Quellen

  • Langmore, Susan E, and Jessica M Pisegna. “Efficacy of Exercises to Rehabilitate Dysphagia: a Critique of the Literature.” International Journal of Speech-Language Pathology, March 31, 2015, 1–8. doi:10.3109/17549507.2015.1024171.
  • Clark, H. M., & Shelton, N. (2014). Training effects of the effort- ful swallow under three exercise conditions. Dysphagia. 29, 553–563.
  • Shaker, R., Easterling, C., Kern, M., Nitschke, T., Massey, B., Daniels, S., et al. (2002). Rehabilitation of swallowing by exer- cise in tube-fed subjects with pharyngeal dysphagia secondary to abnormal UES opening. Gastroenterology, 122, 1314–1321.
  • Shaker, R., Kern, M., Bardan, E., Taylor, A., Stewart, E. T., Hoffman, R. G., et al. (1997). Augmentation of deglutitive upper esophageal sphincter opening in the elderly by exercise. American Journal of Physiology, 272, 1518–1522.
  • Logemann, J. A., Rademaker, A., Pauloski, B. R., Kelly, A., Stangl-McBreen, C., & Antinoja, J. (2009). A randomized study comparing the Shaker exercise with traditional therapy: A preliminary study. Dysphagia, 24, 403–411.
  • Troche, M., Okun, M., Rosenbek, J., Musson, N., Fernandez, H., Rodriguez, R., et al. (2010). Aspiration and swallowing in Par- kinson disease and rehabilitation with EMST. Neurology, 75, 1912–1919.
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3 Kommentare

  • Schwald-Polizzi
    Posted 10. Jun 2015 at 11:21 0Likes

    Guten Tag Herr Fillbarndt,
    Ich arbeite derzeit mit Frau Silke Winkler an der Hochschule Frensenius zum Thema Dysphagie zusammen. Für praxisnahe Veranstaltungen an der Uni würden wir so gerne einen Dummy (z.B. TK Anlage) einsetzen! Durch Frau Winkler weiß ich, dass Sie im Rahmen Ihrer Veranstaltungen einen Dummy einsetzen. Jetzt meine Frage: Können Sie uns einen Tip geben, wie wir einen Dummy bekommen können?
    Mit freunlichen Grüßen,
    Michèlle Schwald-Polizzi

  • Cornelia Weller
    Posted 22. Jun 2015 at 15:22 0Likes

    Hallo Herr Fillbrandt,
    Sie schreiben, dass die Behandlung mit dem EMST vielversprechend ist. Können Sie Tipps weitergeben, wie man in Deutschland an so ein Gerät drankommt?
    Vielen Dank und freundliche Grüße,
    Cornelia Weller

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